PIAGGIO
Boxer, Bravo, SI oder Ciao – biegt eines der legendären Mofamodelle des wohl bekanntesten Töffliherstellers der Welt um die nächste Strassenecke, dann leuchten die Augen eines jeden Töfflimeitli und Töfflibuebe. Denn die Piaggio-Zweitakter aus dem beschaulichen Städtchen Pontedera in der Toskana gehören zweifelsfrei zu den beliebtesten und auch liebenswertesten Töfflis überhaupt. Auch wenn die Produktion mittlerweile längst eingestellt ist, kann man die Italo-Hödis noch vergleichsweise häufig auf Schweizer Strassen antreffen, dafür sorgen zahlreiche Töfflimeitli und Töfflibuebe, die einen der legendären Hobel besitzen und mit viel Leidenschaft in fahrbereitem Zustand erhalten. Wir stellen dir den Kult-Hersteller und seine Töfflis genauer vor.
Sitz | |
Status | Aktiv |
Gründung | 1884 |
Die Anfänge einer legendären Zweiradschmiede
Von Anbeginn der langen und ruhmreichen Firmengeschichte widmete man sich bei Piaggio dem Fahrzeugbau. Allerdings sollte es einige Jahre dauern, bis die italienischen Ingenieure mit der Entwicklung von Zweitaktern auf zwei Rädern begannen. Nach der Firmengründung im Jahr 1884 in Genua konzentrierte man sich bei Piaggio zunächst auf den Schiffsbau und die Herstellung von Eisenbahnwaggons. Unternehmensgründer Rinaldo Piaggio bewies den richtigen Riecher, als er im Jahr 1916 ein neues Werk am künftigen Stammsitz in Pontedera gründete und dort Flugzeuge und Komponenten für die Luftfahrt entwickelte, eine damals revolutionäre und neuartige Technologie. Zu einem der wichtigsten Kunden der folgenden Jahrzehnte gehörte die italienische Armee. Das bedeutete für Piaggio lukrative Geschäfte, die sprudelnde Einnahmen und rasche Expansion garantierten, zumindest bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, der auch in Italien ein zerstörtes und verwüstetes Land hinterliess.
Seite 1 von 127
Kinder der Nachkriegszeit: Vespa und Ape
Doch die zukünftige Mofaschmiede aus Pontedera kam schnell wieder auf die Beine, gewissermassen waren die Kriegsschäden an der italienischen Infrastruktur sogar mitverantwortlich für die rasche Konsolidierung des Unternehmens nach Kriegsende. Denn Enrico, Sohn des Firmengründers Rinaldo Piaggio, der mittlerweile die Geschäfte von seinem Vater übernommen hatte, erkannte, dass motorisierte Zweiräder in einem Land mit Strassen, die durch Bombenkrater beschädigt und durch Schuttberge blockiert waren, die einzige Fahrzeugklasse waren, mit denen man zuverlässig vorankam. Die Antwort der Ingenieure aus Pontedera auf diese Situation war die legendäre „Wespe“, besser bekannt als Vespa-Roller. Das Zweirad kam 1946 auf den Markt und wurde sofort ein Verkaufsschlager. Zwei Jahre später folgte die „Biene“, oder il modello di ciclomotore Ape, wie der Italiener sagen würde. Mit diesem dreirädrigen Rollermobil, das längst zu einer Ikone im Fahrzeugbau geworden ist, liessen sich dank der charakteristischen Ladefläche auch kleinere Lasten transportieren.
Die ersten Mofas werden gebaut
Vespa und Ape hatte grossen Anteil am stetigen Aufstieg des Unternehmens, der keine Grenzen zu kennen schien. Schon in den 1950er-Jahren war der Hersteller der führende Zweiradproduzent Italiens. Möglicherweise berauscht von diesem Erfolg, versuchte man sich auch an vierrädrigen Fahrzeugen. Das Resultat war die Vespa 400, die 1957 auf den Markt kam. Doch diese Wespe stach nicht, sondern endete eher als Strassenfloh. Bereits im Jahr 1961 wurde das Konzept kassiert und der Bau eingestellt. Man konzentrierte sich in Pontedera wieder auf die Kernkompetenz: Fahrzeuge auf zwei Rädern! Damit trafen die italienischen Fahrzeugbauer die absolut richtige Entscheidung, muss man aus heutiger Sicht sagen. Denn im Jahr 1968 lancierten die italienischen Ingenieure das erste waschechte Töffli. Eine Perle, die eine der bekanntesten, meistproduzierten und begehrtesten Töfflis überhaupt werden sollte: das Piaggio-Ciao-Mofa!
Die Perle der Perlen: das Ciao-Mofa
Das legendäre Ciao-Töffli sollte bis ins Jahr 2006 in fünf unterschiedlichen Baureihen und zahlreichen Versionen hergestellt werden. Bei den Mofas der ersten Serie, die bis 1975 gebaut wurden, unterschied man die Modellvarianten „A“ (19-Zoll-Felgen), „L“ (17-Zoll-Felgen) und „SC“. Was Ausstattung und Optik angeht, unterschieden sich die beiden erst genannten Varianten dadurch, dass bei der L-Version auch das Vorderrad gefedert war und verchromte Schutzbleche verbaut wurden. Die SC-Variante (Super Confort) verfügte ausserdem zusätzlich über einen gefederten Sattel. Mit den folgenden Baureihen wurden die Ciao-Töfflis immer komfortabler, insbesondere die Federung wurde kontinuierlich verbessert. Natürlich entwickelte sich auch die Technik im Lauf der Jahre weiter. So kamen mit jeder Baureihe Änderungen hinzu. Zu den Konstanten des Piaggio-Ciaos gehört aber der Dell’Orto-SHA 12.10-Vergaser, der drehschiebergesteuerte 2-Takter und der Keilriemenantrieb, der für viele Modelle von Piaggio typisch ist. In den Anfangsjahren wurden Aggregate des Typs M1M verbaut, die eine Leistung von 1,1 PS lieferten. Neuere Modelle waren etwas leistungsstärker, hier brachte es der Einzylinder-2-Takter auf 1,36 PS bei 4000 U/min.
Piaggio ist mehr als das Ciao-Mofa
Neben dem Ciao-Töffli, das mit Sicherheit das beliebteste und bekannteste Zweirad der Mofaschmiede aus Pontedera ist, schenkte Piaggio der Welt aber noch einige andere Töfflimodelle. Etwas zu Unrecht stehen das Bravo-, Si- oder auch das Boxer-Töffli oft im Schatten des berühmten Ciao-Hödis.
Das Modell Bravo
Angespornt vom Erfolg des Piaggio-Ciao-Töfflis stellten die Italiener im Jahr 1973 das Bravo-Mofa vor. Das ursprünglich ziemlich spartanische Mofa – auf den Modellen „A“ der ersten Baureihe war man gänzlich ohne Federung unterwegs – wurde ebenfalls lange Zeit bis zum Jahr 1981 gebaut. Motorisiert war das Töffli wie der Ciao-Hobel, eine Besonderheit dieser Reihe, war das Modell Super-Bravo, das im Zuge der vierten und letzten Baureihe lanciert wurde. Dabei handelte es sich um eines der ersten, serienmässig produzierten Cross-Töfflis.
Werkseitig wurde das Super-Bravo-Mofa mit dicken Stollenreifen und leistungsstarken Stossdämpfern ausgeliefert. Doch wenn man ehrlich ist, hob sich dieses Modell optisch zwar deutlich von seinen Vorgängern und den anderen Piaggio-Modellen ab, aber für Fahrten im Gelände war es nur bedingt geeignet, zumindest wenn man heutige Cross-Hödis als Massstab anlegt.
Die Modelle Boxer und Si
Wesentlich kürzer gebaut – und deswegen heute auch wesentlich seltener auf Schweizer Strassen zu bewundern – ist das Piaggio-Boxer-Töffli. Anders als es der Name vermuten lässt, verfügt dieses Mofa eher über eine schlanke Silhouette und ist mit 50 kg Leergewicht eines der leichtesten Töfflis der Piaggiofamilie. Die Modelle der ersten Baureihe verliessen die Werkshallen in Pontedera im Jahr 1970, abgelöst wurden sie 1972 von dem Nachfolgemodell Boxer 2, die noch bis ins Jahr 1978 hergestellt wurden. Wie bei dem Bravo-Hödi war auch die Boxer-Perle mit einem Kunststofftank ausgestattet. Als das letzte Boxer-Töffli vom Band gelaufen war, schickten die Italiener den SI-Hobel als Nachfolgemodell ins Rennen. Von dem Boxer-Hödi hatte es die etwas schlankere Silhouette geerbt, technisch orientierten sich die Ingenieure aber eher an dem Ciao-Töffli. Ein Umstand, der jedem Töfflimeitli und Töfflibuebe zugutekommt, der eine SI-Perle besitzt, denn die technische Verwandtschaft erleichtert die Beschaffung von Ersatzteilen deutlich.
Beliebte PIAGGIO Themen