Das Tomos-Sprint-Töffli im Porträt
Kultmofa von morgen?
Auch optisch bezirzt der Hobel nicht mit den so markanten Reizen wie ein Piaggio-Ciao-, ein Zündapp Belmondo- oder ein Puch-Maxi-Hödi. Warum das A35-Sprint-Mofa aber dennoch liebenswert ist und Kultpotenzial hat, verraten wir in diesem Artikel.
Haben nur Töfflis älteren Baujahrs Potenzial zur ikonischen Perle?
Puch, Piaggio oder Pony – bei diesen Namen huscht den meisten Töfflimeitli und Töfflibuebe ein Lächeln übers Gesicht. Fast alle Hödis dieser Hersteller geniessen längst Kultstatus. Doch geht es um neuere Modelle, sagen wir beispielsweise das Tomos-Sprint-Töffli, sucht man dieses Lächeln meist vergeblich. Töfflis jüngeren Baujahrs haben nicht immer einen leichten Stand. Da macht das Modell Sprint keine Ausnahme. Aber wer einmal auf so einem Hödi gefahren ist, der wird zugeben müssen, die Perle macht wirklich Spass. Das ist auch kein Wunder, denn das Töffli stammt aus einem guten Elternhaus, besser gesagt, aus einer Mofaschmiede mit langer Tradition.
Tovarna motornih koles Sezana – Made in Slovenia
Tomos war ursprünglich ein slowenischer Kraftfahrzeughersteller. Das Unternehmen wurde 1954 in Sezana, einem kleinen Ort in der Nähe der slowenisch-italienischen Grenze, gegründet. Der Firmenname ist ein Kürzel für ‚Tovarna motornih koles Sezana‘, was übersetzt ‚Fabrik für Motorräder Sezana‘ bedeutet. Dieser Name ist etwas irreführend, denn bei Tomos liefen nicht nur Hödis wie das Classic XL 25 oder die Modelle Sprint und Colibri vom Band, in den Werkshallen wurden auch Aussenbordmotoren und Citroën-Autos, wie der in der Schweiz als Döschwo bekannte Citroën 2CV, in Lizenz gebaut.
Zur Zeit der Unternehmensgründung war Slowenien Teil des kommunistisch regierten Jugoslawiens. Dieses Staatsgebilde unterschied sich jedoch deutlich von allen übrigen Ländern des Ostblocks. Im Gegensatz zu den anderen sozialistischen Staaten grenzte sich die jugoslawische Regierung schon sehr frühzeitig deutlich von der Sowjetunion ab und suchte stattdessen in den verschiedensten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens intensiven Kontakt zu westlichen Staaten. Die Lizenzproduktion von Citroën- und Puch-Modellen in den Werkshallen in Sezana wäre unter anderen politischen Rahmenbedingungen und Vorzeichen auch nicht denkbar gewesen.
Vorbilder aus der Steiermark
Beim Bau von Mofas stützten sich die Slowenen ebenfalls auf das Know-how etablierter Hersteller aus dem kapitalistischen Ausland und stellten viele Modelle in Lizenz für den osteuropäischen Markt her. Gute Beispiele dafür sind in Sezana gebaute Töfflis, die auf der Konstruktion des Puch-MS-50-Mofas oder des Puch-Maxi-Hödis basierten. Man muss kein Spezialist für Mofatechnik sein, um zu erkennen, dass das slowenische Modell-Classic-XL und das Puch-Maxi-Töffli eng miteinander verwandt sind. Auch bei der Konstruktion der Tomos-Motoren orientierten sich die Ingenieure an westlichen Vorbildern. Doch den Slowenen gelangen auch sehr erfolgreiche Eigenentwicklungen. Beispielsweise sorgten einige Motorradmodelle aus Sezana im Rennsport für Aufsehen und fuhren beachtliche Erfolge ein.
Auch im westlichen Ausland nachgefragt
Von den guten Beziehungen zum westlichen Ausland über die damals allgegenwärtigen Blockgrenzen hinweg zeugt auch die Tatsache, dass der slowenische Hersteller bereits seit dem Jahr 1966 in der niederländischen Gemeinde Epe ein Werk unterhielt. Bis zum Jahr 2009 lief dort u.a. auch das Modell Sprint vom Band. Zehn Jahre später teilten die Slowenen das Schicksal vieler Hersteller von Zweirädern – die Firma musste Insolvenz anmelden. Damit schloss sich ein weiteres Kapitel Mofa-Geschichte und die Ära Tomos fand ein Ende.
Treue Begleiter trotz kleiner Macken
Zu den wirklichen Kultmofas wie dem Piaggio-Ciao-, dem X30- oder dem Zündapp Belmondo-Töffli zählen die Hödis Classic oder Tomos-Sprint wohl für die wenigsten Töfflimeitli und Töfflibuebe. Doch die Tatsache, dass einige der 2-Takter noch heute auf den Strassen der Eidgenossenschaft unterwegs sind, zeigt, wie langlebig diese Mofas bei guter Pflege sein können. Bevor man sich also ein vorschnelles Urteil über das Sprint-Töffli und die anderen jüngeren Modelle aus dem Hause Tomos erlaubt, sollte man sich die Mofas am besten einmal aus der Nähe anschauen.
Zu den ins Auge springenden Merkmalen des Sprint-Mofas zählen die hydraulische Teleskopgabel und die markanten Gussräder. Käufer konnten ursprünglich zwischen einer weissen, roten oder schwarzen Lackierung wählen.
Der Rahmentank wirkt möglicherweise etwas zierlich. Besonders, weil Frontscheinwerfer und Sattel in der Standardausführung doch etwas wuchtiger ausfallen. Aber insgesamt wirkt die Silhouette stimmig und harmonisch. Letztlich ist die Frage, ob das Erscheinungsbild der Tomos-Sprint-Töfflis überzeugt sowieso abhängig vom individuellen Geschmack. Wesentlich interessanter sind die technischen Details, die wir kurz vorstellen.
Technische Daten des Tomos-Sprint-Mofas im Überblick:
- Luftgekühlter A-35-Ein-Zylinder-Zweitaktmotor mit 49 ccm Hubraum
- Automatikgetriebe
- Elektro- und Kickstarter
- Kettenantrieb
- Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt
- Tankinhalt 4,5Liter, Verbrauch 1,8l pro 100 km
Einschätzung der Fahreigenschaften
Als nachteiliges Ausstattungsmerkmal wird von vielen Töfflimeitli und Töfflibuebe das Automatikgetriebe genannt. Sie haben das Gefühl, dass ein Hobel mit automatischer Schaltung weniger stark anzieht. Dieser Punkt spielt vor allen für diejenigen eine Rolle, die bei ihren Fahrten häufiger Berge zu meistern haben. Wer in der Regel in der Stadt unterwegs ist, wird den Komfort eines Automatikgetriebes jedoch zu schätzen wissen.
Gute Wartung und Pflege erhöhen die Lebensdauer
Wenn man an seinem Tomos Sprint lange Freude haben möchte, sollte man seinem Fahrzeug unbedingt regelmässig ein paar Pflegeeinheiten gönnen. Wer in dieser Hinsicht etwas nachlässig ist, wird sich früher oder später über Roststellen oder abblätternden Lack ärgern müssen. Selbst diejenigen, die von der Technik ohne Einschränkungen überzeugt sind, kritisieren gelegentlich, dass die Fahrzeugbauer an der Adria bei der Verarbeitung von Sprint & Co. nicht bis in das letzte Detail sehr sorgfältig gearbeitet haben.
Eine Technik-Geschichte, die viel mehr ist als ein Sprint
Auch der stolzeste Besitzer eines Tomos-Hobels wird vermutlich eingestehen müssen, dass die aus Slowenien stammenden Töfflis (wie alle anderen Marken auch) die ein oder andere Macke haben. Trotzdem entscheiden sich viele Fans ganz bewusst für diese Mofa-Marke, denn das gute Preis-Leistungs-Verhältnis ist ein speziell für jüngere Interessenten ein wichtiges Argument bei der Kaufentscheidung. Die Erfahrung zeigt, dass Sprint Zweiräder sehr alltagstauglich sind. Im Netz findest du Berichte, dass auch anspruchsvolle Touren mit diesen Fahrzeugen richtig Spass machen. Wäre das nicht der Fall, hätte die Firma – wie fast alle europäischen Mofa-Hersteller – vermutlich wesentlich früher die Reissleine ziehen müssen. Es könnte sich also lohnen, genau hinzuschauen, wenn dir einmal zu günstigen Konditionen eines dieser slowenischen Hödis angeboten werden sollte. Vielleicht ist das der Beginn einer langen Freundschaft?
Bildquellen:
Citroën Tomos 2CV : Von Buch-t – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27854552
Tomos APN-4MS : By Shabicht – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=79156504
Mofa Tomos Sprint Sport Wheelie: By Teutschmannaron – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=63110567
Tomos Classic XL 25: By Der.krusche – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25634334
Tomos Automatic von 1986: By Zupec – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=20039830
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